Reiserecht

 

19. Februar 2018

Fluggastentschädigung trotz Terrorwarnung am Flughafen Frankfurt vom 31.08.2016

Am 31.08.2016 gegen 14:30 Uhr erhielten die Flugpassagiere des Fluges XG 2895 von Sun-Express von Frankfurt nach Mallorca die Nachricht, dass der 15:20 Uhr vorgesehene Flug für Frankfurt gestrichen sei und über den Flughafen Düsseldorf durchgeführt werde. Nach einer langen Fahrt mit zwei Kleinkindern nach Düsseldorf und viel Ungewissheit, wann man endlich am Urlaubsort ankommen wird, landete der Ferienflieger von Sun-Express kurz vor Mitternacht auf Mallorca.

Warum der Flug XG 2895 nicht vom Terminal II des Flughafens Frankfurt durchgeführt werden konnte, wurde nicht mitgeteilt. Man teilte lediglich mit, dass man vorsorglich den Flug nach Düsseldorf verlegt hätte. Fest stand, dass an diesem Tag am Flughafen Frankfurt Chaos herrschte.

Was war geschehen? Ein Flugpassagier hatte gegen 10:00 Uhr den Sicherheitsbereich am Terminal I betreten, ohne ordnungsgemäß die Sicherheitskontrolle zu passieren. Da die Sicherheitsbehörden einen geplanten Terroranschlag aufgrund des Vorfalles nicht ausschließen konnten, wurde Terroralarm ausgelöst und der Terminal I vorsorglich evakuiert und der Flugbetrieb am Terminal I eingestellt.

Ab 14:00 Uhr wurde zwar der Flugverkehr am gesamten Flughafen wieder uneingeschränkt frei gegeben, aber infolge der zeitweisen Sperrung kam es zu zahlreichen Flugausfällen und Verspätungen auch am Terminal II. Unsere Mandanten kamen über 6 Stunden später auf Mallorca an als vorgesehen.

Ausgleichszahlung nach EU VO 261/04 bei Verspätung

Eine Ausgleichszahlung durch die Fluggesellschaft steht dem Urlauber nach der EU Richtlinie VO EG 261/04 bei Annullierungen zu und bei erheblichen Flugverspätungen, die einer Annullierung gleichgestellt sind, wenn die Verspätung drei oder mehr Stunden beträgt. Entscheidend ist, wann das Endziel nach der geplanten Ankunftszeit erreicht wurde. Die Höhe der Ausgleichszahlung bestimmt sich nach der Weite der Flugstrecke. So beträgt die Ausgleichszahlung 250 € bei allen Flügen über eine Entfernung von 1.500 km und weniger, 400 € bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und 600 € bei Flügen ab 3.500 km.

Bezogen auf die 4-köpfigeFamilie unseres Mandanten ergab sich pro Passagier 250,00 €, also 1.000,00 €, an Entschädigungsleistung nach der EU VO 261/04.

Nur wenn die Airline den Flugausfall oder die Verspätung aufgrund außergewöhnlicher Umstände wie Streik, Unwetter oder Terrorwarnung nicht beeinflussen konnte, braucht die Fluggesellschaft keinen Ausgleich zu zahlen.

Wie zu erwarten war, hat Sun-Express sich außergerichtlich auf die außergewöhnlichen Umstände an diesem Tag auf dem Flughafen Frankfurt berufen.

In erster Instanz hat das Amtsgericht Frankfurt die Voraussetzungen für die Fluggastentschädigung verneint und sich auf den Standpunkt gestellt, es sei nicht ersichtlich gewesen, was die Beklagte habe tun können, um eine Verspätung zu vermeiden.

Kein außergewöhnlicher Umstand bei Umorganisation des Flugplans

Ein Entfallen der Entschädigungspflicht nach der eng formulierten Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO setzt voraus, dass außergewöhnliche Umstände für die Verspätung vorliegen, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Hinsichtlich des Vorliegens dieser Voraussetzungen trifft die Fluggesellschaft eine umfangreiche Darlegungs- und Beweislast.

Im Berufungsverfahren hat die 24. Kammer des Landgerichts Frankfurt die Anforderungen an die Vermeidbarkeit und die dazugehörige Darlegungs- und Beweislast der beklagten Fluggesellschaft anders beurteilt.

Die 24. Kammer des Landgerichts Frankfurt hatte bereits in einer viel beachteten Entscheidung vom 29.10.2015, Az: 2-24 S 68/15 im Falle von Flugverspätung durch Streik darauf hingewiesen, dass kein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, wenn die Fluggesellschaft den Flugplan umorganisiert. Eine streikbedingte Flugplanänderung stelle eine freie unternehmerische Entscheidung dar und die Verspätung beruhe nicht mehr auf dem außergewöhnlichen Umstand. Dass die Entscheidung mittelbar durch den Streik bedingt sei, spiele keine Rolle.

Im Falle unserer Mandantschaft lag ein vergleichbarer Sachverhalt vor, denn Sun-Express hatte den Flug vorsorglich nach Düsseldorf umgeleitet, um einem möglichen Flugausfall wegen der zeitweisen Sperrung des Terminal I vorzubeugen. Hierauf stützte sich auch die Berufung.

Das Landgericht Frankfurt vertrat den Standpunkt, die Beklagte müsse genau die zeitlichen Zusammenhänge zwischen der Sperrung des Terminals I, und der Annullierung des streitgegenständlichen Fluges darstellen und darlegen warum der um 15:20 Uhr geplante Flug nicht durchgeführt hätte werden können.

Angesichts des bestehenden Prozessrisikos für die Beklagte schlug das Gericht einen Vergleich über die Zahlung von 70 % der Entschädigungssumme vor. Nachdem sich Sun-Express offensichtlich nicht in der Lage sah, die vom Gericht geforderten Nachweise beizubringen, stimmte die Beklagte einer Zahlung von 700,00 € an unsere Mandanten zu.

Andere Passagiere des Fluges XG 2895 am 31.08.2016 von Frankfurt nach Mallorca haben also gute Chancen ebenfalls eine Entschädigung zu erhalten. Die Ansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren und können somit auch noch jetzt geltend gemacht werden.

Bei der Durchsetzung von Entschädigungsleistungen nach der FluggastVO zeigt sich immer wieder, dass die Einwendung der Fluggesellschaft, es handle sich um ein unabwendbares Ereignis vorschnell akzeptiert wird. Es gilt konkret im Einzelfall zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, bei dem es sich wirklich um einen außergewöhnlichen Umstand i.S. der Verordnung handelt und die Fluggesellschaft alles Zumutbare unternommen hat, um eine Flugverspätung zu verhindern. Es gibt mittlerweile zahlreiche nationale und europäische Rechtsprechung hierzu.

Bedienen Sie sich eines im Reiserecht erfahrenen Anwaltes, um sich erfolgreich gegen die gängige Praxis der Fluggesellschaften zur Wehr zu setzen, Entschädigungsansprüche pauschal abzulehnen

 

 

zurück zur Übersicht