Erbrecht- Vorsorge

 

19. Februar 2018

Was nützen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, wenn sie nicht gefunden werden?

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind Gott sei Dank kein Tabuthema mehr. Immer mehr Menschen machen sich Gedanken, was bei einem schweren Unfall oder einer schweren Erkrankung oder allgemein im Alter geschehen soll, wenn medizinische oder finanzielle Entscheidungen getroffen werden müssen, zu denen man selbst nicht mehr in der Lage ist. 

Mit einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten eröffnet, in selbstbestimmter Weise darüber zu verfügen, wer in bestimmten Situationen entscheiden soll und wie im Einzelfall zu entscheiden ist. Hilfreiche Informationen und Vordrucke finden sich auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums unter http://www.bmjv.de/DE/Themen/Vorsorge. 

Entweder dokumentieren Sie selbst Ihre Entscheidungen schriftlich oder Sie fertigen mit Hilfe Ihres Rechtsanwalts Ihre Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung an. Ihr Anwalt erläutert Ihnen dabei wichtige Details, wie Sie rechtssicher eine Patientenverfügung formulieren oder klärt mit Ihnen ab, ob es sinnvoll ist, eine Vorsorgevollmacht in notarieller Form errichten zu lassen, weil z. B. dem Bevollmächtigten auch die Befugnis zur Verfügung von Immobilienbesitz eingeräumt werden soll. 

Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügen und in Verbindung damit Patientenverfügungen können beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. 

Seit dem 01.03.2005 besteht die Möglichkeit, gegen geringe Gebühren eine Vorsorgevollmacht, eine Betreuungsverfügung und damit verbunden eine Patientenverfügung bei dem Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) der Bundesnotarkammer online registrieren zu lassen. (www.vorsorgeregister.de). Im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer werden dazu bestimmte Daten elektronisch erfasst. 

Das Schriftstück selbst wird beim Zentralen Vorsorgeregister nicht hinterlegt. Für eine sichere Verwahrung einer Vollmacht oder Patientenverfügung ist der Einzelne selbst zuständig. Wichtig ist daher, dass im Fall eines Falls, schnell geklärt werden kann, was in den vorhandenen Verfügungen festgelegt wurde. 

Das Zentrale Vorsorgeregister hilft dem Betreuungsgericht beim Auffinden von Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen, sodass unnötige Betreuungen entweder ganz vermieden werden können oder schnell die gewünschte Betreuungsperson eingesetzt werden kann. Über einen besonders geschützten Bereich im Internet können Gerichte vor Anordnung einer gesetzlichen Betreuung jederzeit und auch in Eilfällen anfragen, ob es eine Vorsorgeurkunde gibt und anhand der hinterlegten Informationen die richtigen Entscheidungen treffen, die dem in der Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung niedergelegten Willen entspricht. Auch Ärzte können im Fall eilbedürftiger medizinischer Eingriffe klären, ob der Patient im Rahmen einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht bereits seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat und die benannte Vertrauensperson kann dann auch für den Patienten die wichtigen Entscheidungen treffen.

Die Registrierung kann durch Ihren Anwalt, einen Notar oder auch eine Privatperson erfolgen.

Was kostet die Registrierung von Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung?

Die Bundesnotarkammer erhebt für die Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister aufwandsbezogene Gebühren. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der Art und Weise, wie die Meldung zum Register (Internet oder Post) und die Abrechnung erfolgen. Auch die Zahl der gemeldeten Bevollmächtigten ist von Bedeutung.

So beträgt die Gebühr für Internet-Meldungen durch Privatpersonen grundsätzlich 13,00 €. Wenn Sie nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen, kostet es 15,50 €. Wird mehr als ein Bevollmächtigter registriert, fallen für jeden weiteren Bevollmächtigten zusätzlich 2,50 € an.

Bei postalischen Anmeldungen durch Privatpersonen erhöhen sich die Gebühren um 3,00 €. Der Zuschlag für jeden weiteren Bevollmächtigten erhöht sich um 0,50 € auf 3,00 €.

Die Registrierungsgebühr 

  • fällt nur einmal im Zeitpunkt der Registrierung an (keine Jahresgebühr),
  • deckt die dauerhafte Registrierung der Vorsorgeurkunde (einschließlich aller Angaben zum Umfang der Vollmacht und aller Angaben zu Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen) und
  • umfasst alle Kosten der Beauskunftung der Betreuungsgerichte.

Für Notare und Rechtsanwälte gelten noch günstigere Konditionen. Erstellen Sie Ihre Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht mit Hilfe eines Anwalts, wird er Sie auf die Registrierungsmöglichkeit hinweisen und es im Regelfall auch für Sie übernehmen. Das Gleiche gilt auch für den Notar, der keine eigenen Gebühren dafür berechnet, sondern es fallen nur die Eintragungskosten an. 

Bei Onlineübermittlung der Daten reduziert sich die Eintragungsgebühr um 5,00 €. Nimmt der Anwalt oder Notar am Lastschriftverfahren teil, kostet die Registrierung einer Vorsorgevollmacht mit einem Bevollmächtigten nur 8,50 € statt der üblichen 16,00 €. 

Die Bundesnotarkammer stellt allen Vollmachtgebern für Neueintragungen als Dokumentation ihrer Eintragung im Zentralen Vorsorgeregister eine ZVR-Card aus. Bei der ZVR-Card handelt es sich um eine Plastikkarte im Scheckkartenformat, auf deren Rückseite handschriftlich individualisierende Angaben, wie insbesondere der Name des Vollmachtgebers sowie Name und Telefonnummern von bis zu zwei Vertrauenspersonen, eingetragen werden können. Für die Erteilung einer ZVR-Card fallen neben den Eintragungsgebühren keine gesonderten Kosten an.

Mit der Eintragungsmitteilung erhalten Sie eine Registernummer, damit Änderungen, Widerrufe von Vollmachten und auch Löschungen gegebenenfalls postalisch unter Angabe dieser Nummer veranlasst werden können. 

Frau Rechtsanwältin Andrea Riedi ist innerhalb unserer Kanzlei für Familienrecht und Erbrecht zuständig und steht als kompetenter Ansprechpartner für Ihre Fragen rund um Ihre Vorsorge zur Verfügung.

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Erbrecht- Vorsorge

 

Testierfähigkeit – Streit ums Erbe

Der Gedanke seinen letzten Willen festzuhalten, kommt oft erst im Alter. Es entsteht auf einmal Regelungsbedarf, weil die gesetzliche Erbenregelung nicht dem Willen des Erblassers entspricht und z.B. das Kind, das die Versorgung eines Elternteils übernimmt, mehr bekommen soll, als seine Geschwister.

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser bei der Testamentserrichtung oder der Erteilung einer Vollmacht geistig nicht mehr ganz auf der Höhe war, wenden Erben, die sich benachteiligt fühlen, häufig ein, der Erblasser sei nicht testierfähig gewesen und das für sie ungünstige Testament sei ungültig.

Mit zunehmendem Alter steigt die Gefahr von geistigen Erkrankungen und Demenz, die Folgen von Gehirnerkrankungen wie z.B. Alzheimer, Gefäßerkrankungen und Parkinson sind. Das Gedächtnis, Denken, Orientierung, Lernfähigkeit und Urteilsvermögen werden negativ beeinflusst. Der Prozess ist schleichend und die verschiedenen Defizite sind oft ungleichmäßig ausgeprägt. Angehörige und andere Menschen im Umfeld nehmen die Veränderungen oftmals als nicht so gravierend wahr, wie sie sich medizinisch bereits darstellen. Vielfach kommt der Hinweis erst von den behandelnden Ärzten.

Bevor es „zu spät“ ist, geht man zum Notar und es wird Vorsorgevollmacht und Testament errichtet, damit alles geregelt ist.

Nur das Testament einer testierfähigen Person kann auch Rechtswirkung entfalten. Nur von einer geschäftsfähigen Person kann eine wirksame Vollmacht erteilt werden.

Es ist ein häufig verbreiteter Irrglaube, dass ein Testament, das vor dem Notar errichtet wurde oder eine Vorsorgevollmacht, mit der Geschäfte für den Erblasser getätigt wurden, automatisch Bestand haben. Der gute Glaube, in dem man Geschäfte im Sinne des Erblassers getätigt hat, ist nicht geschützt. Dies kann im ungünstigsten Fall, dazu führen, dass Rechtsgeschäfte rückabgewickelt werden müssen, was für den Bevollmächtigten weitreichende Folgen haben kann.

Zwar ist der Notar verpflichtet, sich vor der Beurkundung von der Geschäfts- und Testierfähigkeit der Person zu überzeugen. Jedoch fehlen ihm die medizinischen Fachkenntnisse, um dies verlässlich beurteilen zu können.

Die Testierunfähigkeit ist ein Sonderfall der Geschäftsunfähigkeit und im § 2229 BGB geregelt. Dort heißt es: „Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörungen nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.“

Das Nachlassgericht muss im Erbscheinsverfahren bei fraglicher Testierfähigkeit dem nachgehen. Es besteht Amtsermittlungspflicht. Im Rahmen einer Überprüfung wird das Nachlassgericht in der Regel ein Sachverständigengutachten einholen.

Das OLG Karlsruhe hat in einer aktuellen Entscheidung vom 21.5.2015, Az.- 11 Wx 82/14; einen Kriterienkatalog aufgestellt, wie das Nachlassgericht bei fraglicher Testierfähigkeit vorzugehen hat.

  • Anhörung der Personen, die zu dem Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung Kontakt hatten
  • Anhörung des Notars, der das Testament beurkundet hat
  • Anhörung der behandelnden Mediziner und Hinzuziehung von vorhandenen Attesten
  • Beiziehung der Behandlungsunterlagen aus Krankenhäusern mit ggf. hilfreichen Pflegedokumentationen und Entlassungsberichten
  • Anhörung von Personen, mit denen der Erblasser zuvor den Testamentstext besprochen hat, z.B. dem Anwalt

Je nach Ergebnis der Anhörung der Beteiligten und Zeugen erfolgt eine gutachterliche Beurteilung der Testierfähigkeit. Es gilt der Grundsatz, dass jeder Mensch testierfähig ist, solange seine Testierunfähigkeit nicht tatsächlich festgestellt ist. Wer sich auf die Testierunfähigkeit beruft, muss den Beweis dafür antreten.

Die Feststellung der Testierfähigkeit, im Zeitpunkt der Testamentserrichtung, der lange zurückliegen kann, gestaltet sich oft sehr schwierig, denn verlässliche Quellen stehen häufig nicht mehr zur Verfügung. Fehleinschätzungen sind damit nicht auszuschließen.

Potentielle Erben können zu Lebzeiten des Testators nicht verlangen, dass durch ein Gutachten die Testierfähigkeit und damit die Wirksamkeit eines Testamens vorab geprüft werden. Der Testator kann selbst dazu beitragen, Zweifel auszuräumen. Wenn es Anhaltspunkte gibt, dass später die Testierfähigkeit angezweifelt werden könnte oder zu befürchten ist, dass ein Erbe, der durch letztwillige Verfügung schlechter gestellt wird, später die letztwillige Verfügung womöglich anfechten wird, sollte die Testierfähigkeit besser durch ein Gutachten fachärztlich bescheinigt werden. Manchmal bestehen auch Notare von sich aus darauf, dass ein Attest zur Testierfähigkeit vorgelegt wird. Eine Garantie dafür, dass um das Erbe am Ende nicht doch noch gestritten wird, ist dies aber auch nicht.

Die beste Empfehlung aus anwaltlicher Sicht ist es, sich frühzeitig um seine Angelegenheiten zu kümmern und seinen letzten Willen niederzulegen, so dass keine Zweifel an der Testierfähigkeit aufkommen können.

 

 

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